Recht von A bis Z

Amtshaftung bei hoheitlicher Tätigkeit

  • Ein wesentlicher Funktionsgrundsatz der Verfassung ist die Amtshaftung (Art. 23 Abs. 1 B-VG), die im Bereich der Hoheitsverwaltung an die Stelle der Dienstgeberhaftung tritt. Bund, Länder und Gemeinden haften nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Dabei sind Organe alle physischen Personen, wenn sie in Vollziehung der Gesetze (Gerichtsbarkeit oder Verwaltung) handeln, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt sind (§ 1 Abs 2 AHG). Bei Geltendmachung des Ersatzanspruches genügt der Beweis, dass der Schaden durch die Rechtsverletzung des Organes des beklagten Rechtsträgers entstanden ist.
  • Ob nun in der Tätigkeit der Lehrperson eine Hoheitsverwaltung vorliegt, ist vom Einzelfall abhängig. Wird der Lehrer in seiner eigentlichen Funktion tätig, nämlich der Unterrichts- und Erziehungsarbeit iSd § 17 SchUG, zu der auch die Beaufsichtigung der Schüler gehört (§ 51 Abs. 3 SchUG), ist sein Handeln entsprechend der herrschenden Rechtsprechung dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzurechnen, d.h. er handelt als Organ im Sinne des § 1 AHG. Der Lehrer ist bei Erfüllung der ihm nach dem SchUG obliegenden Aufgaben funktionell stets für den Bund tätig, unabhängig von seiner dienstrechtliche Stellung als Bundeslehrer, Landeslehrer oder Lehrer einer Privatschule. Schadenersatzforderungen im Rahmen der Amtshaftung sind gegenüber dem Bund.
  • Wenn also im Chemieunterricht bei einem Versuch eine ätzende Flüssigkeit auf den Pullover einer Schülerin spritzt und dadurch der Pullover beschädigt wird, kann eine Amtshaftung vorliegen. Zu prüfen ist jedenfalls, ob die Schülerin sich z.B. auch an die Instruktionen des Lehrers vor dem Versuch gehalten hat, dazu zählen z.B. Mindestabstand, Tragen von Schutzbrillen, etc. Hier ist eine rechtzeitige und genaue Anweisung der Schüler im Sinne der Sorgfalts- und Aufsichtspflicht des Lehrers unabdingbar.
  • Jedenfalls ist die Erteilung des Unterrichts an öffentlichen Schulen an sich hoheitliche Tätigkeit, Lehrpersonen sind in Vollziehung des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG. Ein etwaiges schuldhaft rechtswidriges Verhalten eines Organes auf dem Gebiet des Schulwesens ist dem Bund zuzurechnen (Art 14 Abs 1 B-VG). Dies trifft für die Dienstverrichtung des Lehrers innerhalb der Schule zu, aber auch z.B. bei Schulveranstaltungen wie Lehrausgängen, Wandertagen, mehrtägigen Schulveranstaltungen, Sommer- oder Wintersportwochen.

Amtshaftung bei Dritten

  • Im Zuge von Schulveranstaltungen können auch Dritte im hoheitlichen Vollzug tätig werden, unabhängig davon, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt, gewählt, ernannt oder sonstwie herangezogen wurden.
  • Eltern, die Wandertage oder Exkursionen begleiten, aber auch Veranstalter von Kursen bei Sportwochen, die in Ausführung der Kurse dann als Organe des Bundes tätig werden sind dabei umfasst. Das Gericht sieht sogar einen Unternehmer bei der Durchführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung der Polytechnischen Schule nach § 13b SchUG in der Mitwirkung an der hoheitlich zu verrichtenden Aufgabe Erteilung des Unterrichts.
  • Wichtig: Von der zivilrechtlichen Haftung (nach ABGB) ist die strafrechtliche (nach StGB) und die disziplinarrechtliche (nach §§ 91 ff BDG) Verantwortung zu unterscheiden. Beide Verantwortungen treffen die DienstnehmerIn persönlich.
  • Wenn der Bund in einem Amtshaftungsprozess zum Schadenersatz verpflichtet wird, können von der LehrerIn gem. § 3 AHG die entstandenen Kosten nur zurückgefordert werden (= Regress), wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Das Gericht kann die Regressforderung nach Billigkeit mäßigen (§ 3 AHG iVm § 2 DHG). Eine Rückforderung kann allerdings nicht erfolgen, wenn die Bedienstete auf Weisung ihrer Vorgesetzten gehandelt hat.

Siehe auch „Schadenersatz

(Zuletzt aktualisiert: Mai 2024)